
FOS goes China – Unterwegs im Land des Lächelns
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Sechs Schülerinnen und zwei Schüler der Fachoberschule für Tourismus und Biotechnologie – kurz FOS – verbringen einen 3-wöchigen Studienaufenthalt in der südchinesischen Stadt Guilin. Hier ein erster Erfahrungsbericht:
Die Busengrabscherin von Guilin
Der Tag nach unserer Ankunft begann mit einem Spaziergang durch einen schönen Park mitten in der Innenstadt von Guilin. Dort trafen wir auf drei auffällige Frauen, die mit nackten Füßen auf symmetrisch angeordneten Flusssteine herumspazierten. Dabei klatschten sie sich in die Hände, auf den Bauch und auf das Gesäß und gingen den kleinen, mit Steinen belegten Platz, auf und ab. Neugierig näherten wir uns den Frauen, um den kuriosen Zeitvertreib zu beobachten. Mit sehr viel Begeisterung zeigte uns eine der Frauen die Technik, welche unsere Aufmerksamkeit erregt hatte. Das Auf- und Abgehen auf den Steinen und das Schlagen mit den Händen fördert die Durchblutung und erhält die Beweglichkeit. Mit Händen und Füßen versuchten wir uns zu verständigen und zu verstehen, was uns eine der Damen, um die 80 Jahre alt, zeigen wollte. Sie machte uns die Übungen vor und forderte uns auf mitzumachen. Mit vollem Einsatz klopfte sie sich auf Bauch, Beine, Arme, Brüste und Rücken, und korrigierte dabei ständig unsere Körperhaltung, diese ist nämlich das A und O bei dieser Übung.
Selbstbewusst und ohne zu zögern machte unserer Professorin Stefanie Ausserer mit, klopfte sich auf Bauch, Hüften und Gesäß – bis plötzlich die gesundheitsbewusste Rentnerin mit einem Lachen im Gesicht und mit aller Selbstverständlichkeit an die professoralen Brüste fasste und diese kräftig anhob. Aha: Körperhaltung! Brust raus, Bauch rein, Rücken durchgestreckt!
Dankbar für die „handgreifliche“ Unterweisung verabschiedeten wir uns schließlich unter viel Gelächter von den betagten Sportlerinnen. Wir sind überzeugt, dass wir von klatschenden und grabschenden Senioren, versteckt in den chinesischen Parks, noch sehr viel lernen können.
Von: Theresia-Maria Schwinkshackl und Christandl Cornelia alias Trá ĕi und Kènĭ, Photo by Adam Righi
UPDATE!
Das durch und durch harte chinesische Schulsystem ist kaum mit unserem sanften und rücksichtsvollen Schultrott zu vergleichen.
Ein gewöhnlicher Schultag beträgt für chinesische Studenten im Durchschnitt mehr als acht Stunden – und das bereits ab der Grundschule! Bankdrücken und sich die Köpfe zerbrechen, um immer bessere Ergebnisse zu erzielen, gehört zu den alltäglichen Herausforderungen jedes chinesischen Jugendlichen. Handy, Tablet, PC und Bücher, alles wird verwendet um das Gehirn auf 110% Leistung zu bringen. Für einen lernwilligen Südtiroler Studenten ist ein derartiges Leben kaum vorstellbar. Nach der Schule ist es bei uns Gewohnheit, sich ein bisschen Freizeit zu gönnen. Erst danach wird mit dem Lernen begonnen. In China ist es undenkbar sich nach dem Unterricht nicht mit dem Studium zu befassen. Mehrere Stunden wird nach den Vorlesungen in der Universität hinter Bücherstapeln gebüffelt. Selbst am Wochenende und am Abend gehen die Hochschüler zur Uni um zu lernen. Sie werden von Lehrpersonen betreut, die sie dazu drängen immer mehr zu studieren, um einen besseren Abschluss zu erreichen und somit eine bessere Arbeit zu bekommen.
Allerdings werden durch dieses einseitige und eintönige Schulsystem viele wichtige Kompetenzen für das spätere Leben erst gar nicht erworben. Ob die Entwicklung von Kreativität oder Fantasie für wichtig gehalten wird, bleibt für uns eine offene Frage. Ist ein voll funktionsfähiges Robotergedächtnis erfolgreicher in der Praxis als ein allgemein gut gebildeter Südtiroler? Das werden uns wohl erst die nächsten Jahrzehnte zeigen.
Eines Abends machten wir uns aus Langeweile und Hunger noch zu zweit auf den Weg in den Supermarkt nahe dem Hotel. Auf halber Strecke stießen wir aber auf unsere Lehrer, Dieter und Steffi, die es sich an einem der famosen „Barbecue“-Ständen bequem gemacht hatten. Sie erkundigten sich nach unseren neu gelernten Tai-Chi-Bewegungen, die wir versuchten zu imitieren. Dies lockte zwei ältere, relativ kleine Damen, die an der Grillbude arbeiteten an, und trotz der sprachlichen Hürden fingen sie munter an mit uns zu plaudern. Plötzlich entdeckte eine von ihnen Cornelia. Sie zeigte auf sie und das einzige, was sie sagte, war “jù”, übersetzt “sehr groß”, da sie 1,85 m groß ist. Sie stellte sich neben Conni um den Größenunterschied zu messen, was mich zum Schmunzeln brachte, da dieser einfach enorm war und so fing ich an Fotos aufzunehmen. Als ich den beiden Einheimischen die entstandenen Bilder zeigte, konnten sie sich vor Lachen nicht mehr halten, sie bogen und krümmten sich. Die eine konnte sich nicht mehr auf den Füßen halten und warf sich buchstäblich auf den Boden. Auch bei uns machten sich Muskelschmerzen in Wangen- und Bauchgegend breit und es floss die eine oder andere Lachträne. Diese Szene ging noch eine ganze Weile so weiter und nachdem wir uns wieder einigermaßen gefangen hatten, wollte die Alte vom Grillstand auch noch ein Foto zusammen mit „Ding Wei“ aka Dieter machen und kaum zeigten wir ihr diese Aufnahme, ging das ganze wieder von vorne los.
So standen wir noch eine ganze Weile an der Grillbude und lachten alle zusammen, denn dies ist die Sprache, die wir alle fließend sprechen und die uns verbindet.
Fotos und Text: Mara Mittelberger
Um der Familie einen Einblick in die italienische Küche zu geben, machten sich einige aus unserer Gruppe an die Arbeit Pizza zu backen, welche auch in China sehr beliebt ist. In der Zwischenzeit trafen noch andere Gäste ein: Unsere Chinesischlehrerin Kimberly, unsere Tai-Chi Lehrerin, Leos kleine Schwester und zwei Cousins. Und schon war unsere Gruppe komplett. Herzlich und fast schon selbstverständlich wurden wir in den Kreis der Familie aufgenommen.
Trotz der Sprachbarrieren verständigten wir uns ohne große Probleme mit der ganzen Familie und sogleich kam es zu einer geselligen Kartenrunde. Kurz darauf begann das Festmahl: von Fleisch über Fisch bis hin zu Spaghetti alla Bolognese gab es alles, was das Herz begehrte. Während bei uns stets darauf geachtet wird, dass alle Gänge aufeinander abgestimmt sind, kommt hier alles auf den Tisch und jeder pickt sich heraus, was er möchte. Vollkommen von der Vielfalt und Menge der uns aufgetischten Speisen überwältigt, kamen wir gar nicht dazu alles zu probieren.
Es war sehr bewegend und für manche von uns fast unverständlich, wie unglaublich viel Herzlichkeit und Freude Adele und ihre gesamte Familie für uns, fast Fremde, aufbringen konnten. Die Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wurde, wäre bei uns unvorstellbar. Allein die Tatsache, dass Leo das erste Mal in seiner Zeit als Student, den Nachmittagsunterricht verpasste und diesen dann am Abend nachholte, um bei uns zu sein, zeigt wie viel Wert auf Gemeinschaft und das gesellige Beisammensein gelegt wird.
Text: Jessica Walzl
Text:Adam Righi